SIE HABEN VIEL GELD IN DIE HAND GENOMMEN UND EINIGE LEBENSZEIT IN DAS PROJEKT MAC MUSEUM ART & CARS GESTECKT. WAS HAT SIE DAZU GETRIEBEN?
Gabriela Unbehaun-Maier: Die Grün- de waren vielseitig und noch variierbar, und am Anfang stand nur das Ver- sprechen gegenüber den Stiftern, ihre Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So schwebte uns zuerst eine Beteiligung am neu geplanten Städtischen Museum vor, doch wie allgemein bekannt ist, kam die Idee eines neuen Museums nicht zum Tragen. Nun waren wir mit unseren Ideen wieder gefragt. Es wurde richtig schwierig, denn zwischenzeitlich lagen uns auch großzügige Angebote vor, die Sammlung in interessanten Gebäuden im In- und Ausland zu präsentieren. Doch mein Mann als Ur-Singener hielt an Singen am Hohentwiel fest, nachdem die Verwaltung der Stadt erkannt hatte, dass es wichtig sei, die Sammlung in der Stadt zu behalten und ihr Scherflein dazu beizutragen. Allerdings war noch kein Gedanke an ein Museum von der Größe des MAC Museum Art & Cars, das zugleich den Anspruch erhebt, ein Kunstwerk zu sein.
Hermann Maier: Ich möchte noch ergänzen, dass ich mich als Vorsitzender der Stiftung schon lange damit befasst habe, neue Museumsformen zu finden, die für den normalen, also nicht unbedingt kunstaffinen Besucher reizvoll sind. In vielen gemeinsamen Gesprä- chen mit Freunden, Mäzenen, Galerien etc. entstand immer mehr der Gedanke, die bildende Kunst mit der automobilen Kunst zu verbinden. Dies lag nahe, da meine Frau und ich uns den Oldtimern verschrieben haben. Der erst abwegig erscheinende Ansatz wurde immer konkreter, da wir von den Leiterinnen und Leitern der wichtigsten Museen fast dazu aufgefordert wurden, die Idee zu wagen.
WAS WAR NUN ZUERST DA, KUNST ODER AUTO?
Hermann Maier: Komplizierte Frage, einfache Antwort: das Bild. Mein älterer Bruder war Maler und mein erster Kunstlehrer. Ich hatte das große Glück, auch in der Schule von zwei fantastischen Kunstpädagogen unterrichtet worden zu sein. Und sicherlich hatte auch der persönliche Kontakt zu dem Spätexpressionisten Karl Oßwald dazu beigetragen, dass mir Kunst wichtig wurde und ich damit begann, Kunstwerke zu sammeln.
WAS WAR DER AUSSCHLAGGEBENDE PUNKT DAFÜR; DASS SIE SICH GESAGT HABEN; WIR KÖNNTEN DOCH KUNST UND AUTO ZUSAMMENFÜHREN?
Gabriela Unbehaun-Maier: Wie schon gesagt, sind wir leidenschaftlich mit dem Hobby Oldtimer und dem Sammeln von Kunstwerken verbunden, und so war es uns nach den aufmuntern- den Worten natürlich ein besonderer Ansporn, beide Leidenschaften zusammenzubringen, und zwar auf gleichem Niveau.
Hermann Maier: Ich sehe in der Kombination von Kunst und Auto keinen wirklichen Widerspruch. War es nicht Joseph Beuys, der sagte, dass ein Panzer, ein U-Boot oder das inzwischen ausgemusterte Flugzeug Concorde viel ästhetischer seien als alle heute zur Verfügung stehende Kunst von Picasso bis zu seinem – ich zitiere – „eigenen Mist“? Wenn ich weiter zurückblicke und an das Bauhaus erinnern darf – dort arbeiteten Künstler, Architekten und Designer an der Idee eines Gesamtkunstwerks. Wir erhalten für unsere erste Ausstellung wunderschöne Autos aus der elsässischen Sammlung Schlumpf.
Gabriela Unbehaun-Maier: Mobilität war ja, wenn ich das ergänzen darf, schon im 19. Jahrhundert ein begehrtes Sujet in der Malerei. Denken Sie an William Turner oder an die Impressionisten. Selbst der expressionistische Menschenmaler Egon Schiele konnte sich in seinen künstlerischen Anfängen dem Thema Auto und Eisenbahn nicht entziehen. Denken Sie an den US-amerikanischen Maler Edward Hopper und sein Tankstellenbild, an die italienischen Futuristen, an die Fotorealisten der 70er-Jahre, da wird Blech zum Kunst- werk, oder an die Autokunst von Andy Warhol. Wir hoffen natürlich, neben den Werken aus der Sammlung der Stiftung auch den einen oder anderen Auto- Künstler in einer Sonderausstellung zeigen zu können.
WANN WURDE DIE PROJEKT-IDEE MAC MUSEUM ART & CARS KONKRET?
Gabriela Unbehaun-Maier: Die ersten Ideen beschäftigten uns vor ca. zehn Jahren, aber es fehlte ein klares Ziel. Dies änderte sich mit der Planung der Neufassung der Stiftung, und so entwarf ich zu Weihnachten 2007 das erste Modell eines Museums, damals noch sehr bescheiden und weit entfernt vom heutigen Kunstwerk MAC Museum Art & Cars.
Hermann Maier: Der Virus hatte sich eingenistet, und so führten uns nun Reisen zu den wichtigsten Museen im Kunst- und Automobilbereich, aber auch zu vielen für uns ganz wichtigen privaten Museen. Meine Frau perfektionierte ihre Modellbaukunst mit immer interessante- ren Entwürfen, und so entschlossen wir uns zu einem Architekturwettbewerb. Die Ideenvielfalt der Architekten war riesig; angefangen von einem Raum- schiff bis zu klassischen Entwürfen à la Corbusier war alles dabei. Jedoch traf der Entwurf von Daniel Binder am ehesten unsere Vorstellungen. Doch es bedurfte noch viel gemeinsamen Ringens, bis die Metapher Hegau und Burgruine Hohentwiel in die Planung mit eingeflossen sind.
WIE MUSS MAN SICH DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DEM ARCHITEKTEN VORSTELLEN?
Hermann Maier: Ein Museumsbau, bei dem schon die Bauherren dem Architekten vorgeben, ein Kunstwerk zu schaffen, stellt für Architekt, Sonderplaner und die Bauherrschaft eine extreme Situation dar. Dank der hohen Stilsicherheit und dem wunderbaren Raumverständnis des Architekten Binder löste sich so mancher Konflikt in nichts auf. Trotzdem bestimmte ein positives Ringen um neue Ideen den gesamten Bauablauf und wird dadurch zu einem spannenden Experiment, das alle Beteiligten formt.
HABEN SIE AUCH EINFLUSS GENOMMEN AUF DIE PLANUNG?
Gabriela Unbehaun-Maier: Natürlich, denn der Bau eines Kunsthauses ist ein dialogischer Prozess. Außerdem haben die Bauherren wie der Architekt ihre eigenen Ideen. Mein besonderer Wunsch war das Foyer mit einer wundervoll geschwungenen Treppe, die nach etlichen Entwürfen nun meinen Vorstellungen entspricht. Die Gestaltung der Fassade hat uns am meisten Kopfzerbrechen gemacht.
Hermann Maier: Zuerst dachten wir an eine Stahl-Fassade, dann folgte, weil Singen eine Aluminium-Stadt ist, eine Alu-Konstruktion. Auch Fassaden-Pläne aus Holz und geschindelte Fassaden wurden diskutiert. Es gab also ganz verschiedene Überlegungen, bis wir zur heutigen Lösung fanden. Immer wieder ergaben sich durch unsere organische, freischwingende Fassade optische und technische Probleme. Das Ziel war klar, wir wollten dem Bau mit dem Putz jene Stabilität einer Burg oder zum Beispiel eines alten Klosters verleihen, ohne die eleganten Schwünge zu beeinträchtigen. Gemeinsam mit der Firma Sto entwickelten wir in unendlichen Versuchsreihen einen atmenden Putz, der all unsere Wünsche erfüllte. Das Engagement des Unternehmens kann gar nicht genug gelobt werden.
WURDEN SIE VON DER STADT SINGEN UNTERSTÜTZT?
Hermann Maier: Grundsätzlich ja. Die Stadt Singen hat der Kunststiftung das Grundstück zur Verfügung gestellt. Aber es gab auch Stimmen im Gemeinderat und in der Stadt, die den Vorgang mit Skepsis begleiteten und auch die Idee kritisierten, neben dem Städtischen Kunstmuseum ein zweites, privates Museum zu errichten. Wir haben das MAC Museum Art & Cars im Übrigen nie als Konkurrenz zu bestehenden Institutionen gesehen, viel- mehr als Ergänzung und Bereicherung des Kulturangebots in der Stadt. Das MAC Museum Art & Cars geht in den Besitz der Stadt Singen über, wenn meine Frau und ich einmal nicht mehr da sind. Aber nach der öffentlichen Resonanz der letzten Wochen auf den Museumsbau würde ich sagen, entwickelt sich Stolz in der Stadt auf dieses Projekt, das für Aufsehen weit über Singen hinaus sorgt.
HABEN SIE AUCH EINMAL ERWOGEN, DAS HAUS IN EINER ANDEREN STADT ZU BAUEN?
Gabriela Unbehaun-Maier: Österreich hätte uns gerne genommen, auch die Schweiz, die sehr viel für Oldtimer übrighat. Wir haben auch Angebote aus der Region erhalten. Uns wurden ganze Schlösser angeboten, die für den Museumszweck umgestaltet worden wären. Aber wie schon erwähnt, haben wir uns für unsere Heimatstadt Singen entschieden.
WIE WIRD DAS MAC MUSEUM ART & CARS KÜNFTIG BESPIELT?
Hermann Maier: Wir küssen die bisher deponierten Werke der Südwestdeutschen Kunststiftung wach, ebenso wie die schönsten schlafenden Schönheiten aus dem Fundus der Sammlung Schlumpf aus Mulhouse im Elsass. Die Ausstellungen werden in einem Halbjahres-Rhythmus gewechselt. Es kann dabei das gesamte ausgestellte Arsenal ausgetauscht werden, aber wir haben aufgrund der Architektur des Hauses auch die Möglichkeit, Teile von Sammlungen zu separieren, Einzelausstellungen einzufügen, und natürlich denken wir daran, mit anderen Museen zu kooperieren. Das gilt sowohl für die Kunst als auch für die Oldtimer. Es bestehen schon beste Kontakte nicht nur ins Elsass hinein, sondern auch zu weiteren Museen. Wir haben das große Glück, dass in unserem Stiftungsrat der ehemalige Leiter des Mercedes-Benz- Museums in Stuttgart-Cannstatt, Max- Gerrit von Pein, sitzt.
WAS WÜNSCHEN SIE SICH FÜR DIE ZUKUNFT DES HAUSES – AUSSER EINEM GROSSEN ZUSCHAUERZUSPRUCH?
Gabriela Unbehaun-Maier: Gegen eine vernünftige Besucherfrequenz ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Im Ernst: Darauf hoffen wir natürlich. Aber mindestens genauso wichtig ist uns, dass das MAC Museum Art & Cars als „das etwas andere Museum“ akzeptiert wird und als Novität Anklang findet …
Hermann Maier: … und als ein Museum mit attraktiver Architektur und Gastronomie zu einem Ort der Kommunikation wird, wo Besucher unbeschwert und gleichzeitig mit vielen positiven Eindrücken beladen, Mensch sein können. Nicht zuletzt dafür haben wir Geld in die Hand genommen, wie wir eingangs sagten, und gerne ein Stück Lebenszeit investiert.
Das Interview führte Siegmund Kopitzki.
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